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Malen und Zeichnen � la carte

Wer auf dem iPad seine Ideen notieren, skizzieren oder professionell illustrieren will, kann aus einer Vielzahl von Mal- und Zeichenapps auswählen. Je nach Anspruch und Können entstehen mit der einen oder anderen App beeindruckende Ergebnisse.

Andrea Birkhofer Der Trend, auf dem Tablet professionell zu malen und zu zeichnen, ist seit einiger Zeit zu beobachten. Das riesige Angebot an Apps zu diesem Thema bestätigt dies voll und ganz. Ob eine App für den Laien oder den Profi passt, ist jedoch auf den ersten Blick oft nicht ersichtlich. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Sich in Fachzeitschriften und im Internet zu informieren oder die App runterzuladen und auszuprobieren. Denn egal ob kostenlos oder kostenpflichtig, mit etwas Glück findet man auch für das kleine Budget richtig gute Tools.

Da würde man doch denken, mit einer zehn Franken teuren App ein hervorragendes Produkt zu erhalten, beispielsweise mit der App Adobe Ideas. In der Meinung, diese App biete dem Profi viel mehr als nur die wichtigsten Funktionen einer Mal- und Zeichnenapp, wird man enttäuscht. Es gibt lediglich einen Pinsel, und die automatische Linienglättung verfälscht den eigenen Zeichnungsstil. Wenn auch die Pinselstriche vektorisiert sind und der Rohentwurf in Adobe Illustrator weiterbearbeitet werden kann (bester Vorteil), sind die Konturlinien nun in Flächenlinien umgewandelt. Was für die Ausarbeitung von Details leider einen Mehraufwand bedeutet. Diese App sollte in vielerlei Hinsicht verbessert werden, denn es gibt vergleichbare Produkte, die produktiver und preiswerter sind.

Was die App bieten muss

Schnell wird klar, die perfekte App für jedes Bedürfnis gibt es nicht. Was die eine hat, hat die andere nicht. Das erinnert mich an die alte Schulkantine, in der das Tagesmenü nie richtig den Geschmack getroffen hat. Ein A-la-carte-Menü wäre bekömmlicher.

Für meine verschiedenen Projekte verwende ich daher drei bis vier passende Apps. Die Auswahl ergibt sich aufgrund folgender Kriterien: eine übersichtlich-intuitive Benutzer­ober­fläche. Grundfunktionen wie Zurück und Vorwärts, Radiergummi oder Löschen-Werkzeug, Farbpalette, Fotos einfügen und eine Hilfsfunktion. Je nach App braucht es mehrere Zeichenstifte mit Grösseneinstellung, einen natürlichen Stricheffekt, Ebenen, harmonische Farbtöne und verschiedene Exportmöglichkeiten.

Beim Arbeiten auf dem Tablet bevorzuge ich den Stift, denn mit der Fingerspitze präzise zu zeichnen, ist beinahe unmöglich. Schnell sieht es nach einer Kinderzeichnung aus. Der Wacom Bamboo Stylus, mit seiner schmalrunden Spitze, eignet sich gut zum Schreiben, Skizzieren und Malen.

Skizzieren und verfeinern

Ob unterwegs, beim Kunden oder zu Hause, ich entwerfe, skizziere und zeichne, so viel es geht, auf dem iPad. Anschliessend verwende ich die digitalen Skizzen als Vorlage in Illustrator oder Photoshop. Momentan arbeite ich überwiegend mit den Apps Penultimate und Paper by FiftyThree. Beide verwandeln das Tablet in ein digitales Skizzenbuch.

Mit Penultimate kann man auf verschiedene Papierstile (liniert, kariert etc.) frei schreiben, skizzieren, Fotos einfügen und weitere brauchbare Funktionen nutzen. Sehr gelungen sind die dezent gestaltete Bedienung und das echte Schreib- und Zeichnengefühl.

Mit fünf essenziellen Werkzeugen zaubert man mit Paper by FiftyThree beeindruckende Skizzen und Illustrationen hervor. Der künstlerische Zeichen­stil macht aus allen Entwürfen ein kleines Gemälde. Besonders der Aquarelleffekt mit den angenehmen Farbtönen ist einzigartig. Hübsch ist die Möglichkeit, die Covers seiner digitalen Notizbücher bildmässig anzupassen. Ein Kritikpunkt ist allerdings die niedrige Bildauflösung beim Export.

Das Gegenstück zu Adobe Ideas ist SketchBook Pro. Zu Beginn ist etwas Einarbeitungszeit nötig, denn es stehen einige brillante Werkzeuge und Funk­tionen zur Verfügung. Am besten, man verschafft sich einen kurzen Überblick in der visualisierten Hilfe. Oder man wählt aus der Rubrik News eines der Tutorials und erhält wertvolle Tipps zur professionellen Anwendung dieser App. Der kreative Spielraum ist unendlich. Deshalb sollte man besser mit kleinen Aufgaben beginnen. Eine gute Übung ist das Nachzeichnen von Fotos auf Ebenen. Da kann man gleichzeitig neue Techniken ausprobieren und den eigenen Zeichnungsstil weiterentwickeln. Das Resultat kann mit Ebenen in Photoshop geöffnet und weiterbearbeitet werden, leider (noch) nicht als vektorisierte Datei für Illustrator.

Wer lieber ohne Malen und Zeich-nen ein originelles Bild erzeugen will, dem sei Granimator empfohlen. Auf spielerische Art werden collageartig Farb- und Formelemente zu so genannten Wallpapers kombiniert. Es stehen wunderbare Stilsets von Künstlern aus der ganzen Welt zur Verfügung. Beim Hinzufügen der ausgewählten Elemente entstehen gleichzeitig seltsame Klanglandschaften. Eine verrückte App, die viel Spass macht und garantiert ausgefallene Resultate hervorbringt.

App-Infos

Adobe Ideas

Store-Infos: CHF 10.–,iPhone/iPad, Deutsch

Penultimate

Store-Infos: CHF 1.–,iPad, Deutsch

Paper by FiftyThree

Store-Infos: kostenlos, iPad, Englisch. Stift CHF 2.–

SketchBook Pro

Store-Infos: CHF 2.–,Android/iPad, Deutsch

Granimator by ustwo

Store-Infos: kostenlos,iPad, Englisch

Die Autorin

Andrea Birkhofer ist Visuelle Gestalterin HfG und unterrichtet im Bereich Desktop- und Digital Publishing an der Migros Klubschule. Sie führt in Zürich ihr eigenes Atelier für Visuelle Gestaltung mit Schwerpunkt Typografie und Illustration. ​www.andreabirkhofer.ch